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Helden, gewürdigt

26.02.2023   

Ulrike Draesners Essaysammlung aus dem Jahr 2013 habe ich gelesen, um einen neuen Einstieg in ihr Schwitters-Buch zu finden, das ich im letzten Jahr schon angefangen hatte, dann aber unterbrach, weil ich mitten in einer anderen Arbeit mit vielen Lektürezwängen steckte. Es ist jetzt wieder auf meinem Plan, wie auch Draesners neuestes Buch Die Verwandelten. Diese beiden letztgenannten Texte sind als »Romane« gekennzeichnet, aber ich bin vorsichtig.

Heimliche Helden enthält Zweitveröffentlichungen von Lektüren und Würdigungen, die zum Teil als Nachworte geschrieben wurden. Qualität und Dichte sind recht unterschiedlich. Sehr angesprochen haben mich vier Arbeiten: über die Fab Four der Nibelungensaga, über Johann Peter Hebel, über den Insektenforscher Jean-Henri Fabre und über Tania Blixen. Die anderen enthalten weniger Substanz, und die über Hans Joachim Schädlich, Gerd-Peter Eigner und Gerhard Falkner lesen sich ein wenig wie Gefälligkeitsarbeiten. Der über Heinrich von Kleist ist als Begleitmusik zu Wolf Kittlers Die Geburt des Partisanen aus dem Geist der Poesie akzeptabel, aber erinnert nur daran, auf jeden Fall auch dieses 1987 erschienene Werk Kittlers zur Kenntnis zu nehmen.

Bei den genannten vier Texten macht es (mir) große Freude, die Lektüre Draesners mit- und nachzuvollziehen, die immer mit Reflexion verknüpft ist. Ihre Interpretationen ermöglichen eine Teilhabe an den Erzählungen der Nibelungen, an der Arbeit von Hebel und Fabre und am Schicksal der vielfach gescheiterten autofiktionalen Autorin Blixen, die nicht verstand, was sie erlebt hatte (und beschrieb). Der Ton ist oft heiter-entspannt, aber die Beobachtungen Draesners sind sehr genau und fokussieren wichtige und interessante Punkte ihrer Gegenstände – ohne je dabei zu behaupten, es seien die wesentlichen. Ich finde, das macht gute Essays aus.


Ulrike Draesner: Heimliche Helden. Essays. München: Luchterhand Literaturverlag, 2013.