Cover Image

»Kooperative Aufsicht«

19.01.2022   

Die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD, in der die Vorsitzenden der Rundfunkräte zusammenkommen, hat eine Erklärung zum Entwurf des Medienstaatsvertrags abgegeben, die ein erstaunliches Bild der selbstgewollten Unterwürfigkeit abgibt. Die Rundfunkräte wollen nicht – wie es der Entwurf vorsieht – die Definition von Qualitätsanforderungen selbst übernehmen, sondern ziehen eine »kooperative Aufsicht« vor, bei der die Unternehmensleitungen die Qualitätsanforderungen für ihre Arbeitsweise und Produkte selbst formulieren, wie bisher.

Hier zu lesen, S. 2: https://www.daserste.de/ard/die-ard/GvK-Stellungnahme-im-Konsultationsverfahren-zum-MAeStV-E-100.pdf

Abgesehen davon, dass die Aufsicht nicht nur die Inhalte, sondern auch ihr Zustandekommen, also z. B. die redaktionellen Organisationsformen und Strukturen der Anstalt generell betreffen muss, ist diese Selbstentmächtigung das genaue Gegenteil dessen, was Beitragszahler von den Rundfunkräten erwarten können.

Die Begründung, wenn die Gremien die Qualitätsanforderungen von Produktionen, die sie nachher dann auch wieder zu prüfen hätten, selbst in der Hand hätten, sei das eine ex-ante-Kontrolle, die dem Rundfunkrecht bislang fremd ist, verzerrt die Verhältnisse eindeutig. Vermutlich soll hier sogar mit der Vorstellung von Vorzensur gespielt werden – die den Gremien selbstverständlich nicht zusteht. Es geht aber gar nicht um die Einflussnahme auf das Programm, sondern auf die Bedingungen, unter denen es produziert wird und die Standards, die dabei einzuhalten sind. Die Rundfunkräte sollen – so sieht es die vielfach höchstrichterlich bestätigte Rundfunkverfassung vor – die Erfüllung des Gemeinwohlauftrags und somit auch die Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags sichern. Nirgends stand bisher geschrieben, dass das im Rahmen einer passiven und maximal wohlwollend-kritischen Hinnahme jeglicher Vorgaben der Unternehmensleitungen zu geschehen hätte. Es geht schlicht um die Formulierung klarer und vor allem auch prüfbarer Benchmarks für die Tätigkeit von gemeinschaftsfinanzierten Unternehmen und damit auch um die Ermöglichung einer breiten Debatte über deren Leistungen.

Was für ein unsäglicher und devoter Begriff: »kooperative Aufsicht«. Es ist ein wenig so, als würden Parlamente freiwillig ihre gesetzgeberische Funktion aufgeben und eine Regelung vorschlagen, bei der sie nur noch bereits erfolgte Verordnungen der Regierungen nachträglich wohlwollend abnicken. Kennen wir irgendwoher.