Erst recht nicht Gegenwartsliteratur

Wieder einmal diese Zumutung. Alltägliches Gelaber aus der Berufssphäre und aus dem Privatleben wird als Gelaber wiedergegeben, ohne jegliche Distanz, ohne jeglichen Erkenntnisgewinn. Mich interessiert allerdings ganz und gar nicht, was Bundestagsabgeordnete und -mitarbeiter 2011 gelabert haben. Auch wenn im Buch die NSU-Aufklärung, das Bundespräsidentenpaar Wulff und der Ort Bückeburg vorkommen, in dem ich mal drei Jahre wohnen und zur Schule gehen musste. Dieser Roman entspricht in Story und Stil eher den geschwätzigen Gesellschaftsromanen des 19. Jahrhundert, entbehrt aber deren gelegentlichen Witz. Er spielt mit der Andeutung, es könne sich um einen Schlüsselroman handeln. Aber da gibt es gar nichts, dessen Entschlüsselung interessant wäre. Bei der Lektüre steigt ein Gefühl großer Demut auf. Nicht vor diesem Autor, sondern vor Wolfgang Koeppen und seinem Treibhaus.


Ulf Erdmann Ziegler: Eine andere Epoche. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2021