Die Lektüre von Andruchowytschs Essays jetzt zur Zeit des militärischen Angriffs russischer Truppen auf die Ukraine ist lehrreich. Sie wurden um 2000 herum geschrieben und decken die Vielstimmigkeit, aber auch die vielen Konfliktzonen zwischen den ukrainischen Bevölkerungsgruppen und Regionen auf. Von seinen damaligen Zuspitzungen rückt Andruchowytsch heute ab. Umso interessanter wäre es, von ihm und anderen ukrainischen Autoren etwas über mögliche Veränderungen oder Verschiebungen im Lande selbst in den letzten 20 Jahren zu erfahren. Damals jedenfalls, wie dem Essay Desinformationsversuch von 1999 zu entnehmen ist, gab es kein ukrainisches Nationalbewusstsein, außer in Galizien, also im Westen des Landes. Auch die ukrainische Sprache war weder beliebt noch überall verbreitet. Im Westen wurde überwiegend Ukrainisch gesprochen, in den großen Städten, auch in Kiew, und im Osten Russisch, auf dem Lande auch eine Mischsprache, »Surshyk« genannt. Die russische Sprache gewann in den ersten zehn Jahren seit der Unabhängigkeit ohne äußeren Druck sogar an Relevanz. Ein mögliches Referendum über die Spaltung der Ukraine – das entweder im Sinne der »orangen Separatisten« die Westukraine vom Rest des Landes trennt oder die Donbas-Region absprengt – wäre in Andruchowytschs Sinn gewesen. Insgesamt zeichnen seine Texte ein Bild der Desintegration, die nach der Unabhängigkeit 1992 voranschritt.
Eine andere Thematik, die sich durch einige Essays hindurchzieht, ist die Vielfalt sich überlagernder kultureller Traditionen und Mythen, die von der Politik und durch militärische Gewalt nicht aus der kollektiven Erinnerung verdrängt werden konnten.
Wir haben ein Übermaß an Mythologie. Denn in diesem Teil der Welt wird die Geschichte von der Mythologie kompensiert, sind Überlieferungen in der Familie wichtiger und glaubwürdiger als Lehrbücher. Schließlich ist auch die Geschichte selbst hier nicht mehr als eine Variante der Mythologie.
Der Essayband lenkt die Aufmerksamkeit auf die inneren Verhältnisse des ukrainischen Territoriums, nicht auf seine äußeren Grenzen, seine nationale Identität oder seine Staatlichkeit. Diese Perspektive fehlt heute völlig, die Ukraine erscheint in der Berichterstattung als Blackbox.
Juri Andruchowytsch: Das letzte Territorium. Essays. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2003
László Krashahorkai hat einen »Gegenwartsroman« geschrieben, der in Deutschland, genauer: in Thüringen, spielt. Sein Protagonist arbeitet als Gebäudereiniger, entfernt Graffiti, und hat sich mit einem VHS-Lehrer angefreundet, der ihm Erkenntnisse über die Quantenmechanik zu vermitteln versucht, mit denen der Protagonist, Herscht, wiederum die Kanzlerin Merkel konfrontieren möchte. Der Chef der Gebäudereinigertruppe ist ein Neonazi, der allerdings die Komponistenfamilie Bach über alles stellt. In einem einzigen Satz, der sich über 400 Seiten hinzieht – dann gibt es tatsächlich einen Punkt – verplaudert der Erzähler windungsreich und detailreich Alltagsereignisse und -aktionen, in denen sich durchaus manche deutsche Verhältnisse spiegeln und wiederfinden lassen. Der Plauderton und die sprunghafte Verknüpfung von Themen und Ereignissen erinnert an Olli Dittrichs Comedy-Figur Dittsche. Die Übersetzung aus dem Ungarischen ist erstaunlich, sie macht sich als solche an keiner Stelle bemerkbar. Das Buch ist am ehesten genießbar und zu bewältigen, wenn man es vorliest oder wie in Zeiten vor dem Buchdruck leise brabbelnd für sich selbst intoniert. Es lebt aus dem Fluss der beschriebenen Details und der kleinräumigen Wendungen. Ich habe nach einem Viertel des Textes aufgegeben, weil ich mich bis dahin nicht für die Figuren und ihre Verknüpfungen zu interessieren vermochte. Dass sich Herscht gegen Ende des Buchs zu einem haltlosen Gewalttäter entwickelt, ist mir egal. Die formale Erzählidee Krasznahorkais ist ziemlich einfach, aber schwierig zu realisieren, und dass er sie über Hunderte von Seiten durchhält, ist ein sportlicher Erfolg. Aber die Idee ist nicht neu, das Buch löst über diese Form der Prosa keine Auseinandersetzung aus, und die Story hat dies – in der Welt der Rezensionen – auch nicht getan.
László Krasnahorkai: Herscht 07769. Frankfurt a. M.: Fischer, 2021
Wo soll man eigentlich anfangen mit der Analyse des postsowjetischen Elends? Das zaristische Russland, die Revolutionen von 1917, der Bolschewismus, die Folgen des Hitler-Stalin-Pakts und des Zweiten Weltkriegs, das immer noch eiskalte Tauwetter – all das sind mögliche Einstiegssituationen für eine klärende Darstellung. Swetlana Alexijewitsch wählt für ihre umfangreiche Montage vieler Monologe von Einwohnern der ehemaligen UdSSR ein anderes Datum, das immer wieder fokussiert wird. Es handelt sich dabei um den Putsch einiger hoher Partei- und Armeefunktionäre gegen Gorbatschow im August 1991. Er sollte unter anderem den Erhalt der Sowjetunion bewirken, die nach seiner Niederschlagung dann unwiderruflich zerfiel. Am 19. August 1991 war im sowjetischen Fernsehen ununterbrochen eine Ballett-Aufführung von Schwanensee mit der Musik von Tschaikowski zu sehen – ein Detail, an das sich viele Menschen noch Jahre später erinnern. Alexijewitsch sprach zwischen 1991 und 2012 mit vielen Menschen, deren Stimmen in ihrem Buch archiviert sind. Darunter sind Parteiveteranen, die noch auf einen großen Teil der Stalin-Ära zurückblicken konnten, und ganz junge Menschen, die keine eigene Erinnerung an die Sowjetunion haben, sondern in Russland, Belarus, in der Ukraine oder Aserbaidschan aufgewachsen sind. Die 1948 geborene belarusische Autorin, die 2015 den Literaturnobelpreis erhielt, macht in ihren Projekten ihre eigene Stimme nicht geltend, sondern lässt ausschließlich ihre Interviewpartner sprechen.
Es gibt erstaunliche Übereinstimmungen vor allem bei den älteren Stimmen. Antisowjetische Einstellungen kommen nicht vor, obwohl es immer den Wunsch nach einem besseren, einem guten Leben gab. Dieser Wunsch hatte und hat auch bei den Jüngeren offenbar die Priorität gegenüber der Forderung nach mehr Freiheit und Demokratie. Die Erfahrung des ersten postsowjetischen Jahrzehnts war ernüchternd. Die Realisierung von Freiheit erschien als Rehabilitierung des Kleinbürgertums. Der Kapitalismus, der nun paradoxerweise, entgegen der Abfolge der Gesellschaftsformationen in der marxistischen Lehre, aufgebaut werden sollte, ist ebenso eine Verzerrung der Modellvorstellungen einer funktionierenden Marktwirtschaft wie der überwundene Sozialismus eine Verzerrung der Ideen seiner theoretischen Ahnen war. Die Abkehr von den zuvor gelehrten Ideen ist zunächst mit Erleichterung verbunden: »Niemand sprach mehr von einer Idee, ale redeten von Krediten.« Zudem handelt es sich um einen Kapitalismus aus zweiter Hand, und auch die Ideen der westlichen Demokratie, des unbeschränkten Konsums und der individuellen Freiheit werden in kürzester Zeit verschlissen. Die Perestroika wird nicht als Prozess der Selbstwirksamkeit des Sowjetvolkes erlebt, sondern als Tat eines einzigen Manns, Michail Gorbatschow.
Ich habe 2015 schon einmal versucht, das Buch zu lesen, das mir eine belorusische Studentin empfohlen hatte. Es gelang mir nicht spontan, einen Bezug zu den Biographien und Berichten aufzubauen. Jetzt ist das anders. Das Lektüreerlebnis ist von vielen kleinen Schocks begleitet, es geht oft um konkrete Gewalt an Personen, um Ausgrenzung, Feindseligkeit und Hass (zum Beispiel beim Zusammentreffen von Armeniern und Aserbaidschanern). Gewalt war und ist in den postsowjetischen Ländern viel prominenter auf der Tagesordnung als im friedlichen Westeuropa.
»Im Grunde sind wir Menschen des Krieges. Immer haben wir entweder gekämpft oder uns auf einen Krieg vorbereitet.«
Selbstverständlich bin ich kein Freund von Programm-Literatur. Ich las oder hörte irgendwo einen Hinweis auf Radka Denemarkovás Roman und entschloss mich, ihn zu lesen, weil ich glaubte, es sei ein multiperspektivisches Großwerk, zudem mit China befasst wie ich gerade auch. Die Erwartung vielfältiger Perspektiven erweist sich schnell als Illusion. Zwar ist fast jeder der vielen Abschnitte des Buchs einer Figur zugeordnet – die Schriftstellerin, der Programmierer, die chinesische Studentin, die amerikanische Studentin, der Diplomat, Olivie, Pommerantsch, um nur die wichtigsten zu nennen. Zuordnung bedeutet hier aber nicht Perspektive. Die Erzählperspektive ist immer dieselbe, eine Erzählerin erzählt die Personen und Dinge, der Leseprozess ist ein einziger Nachvollzug dieser einen Perspektive. Immer wieder gibt es allerdings Zitate – am häufigsten von Konfuzius und Václav Havel – und längere, vielleicht essayistisch gemeinte, aber eher doch als politische Pamphlete daherkommende Passagen. Diese finden sich besonders häufig in den Abschnitten, die dem Kater Pommerantsch zugeordnet sind – eine ausnehmend blöde Idee; es gibt sogar noch einen zweiten denkenden und sprechenden Kater.
Die Autorin war einige Male in China und lernte dort, wie sie in einigen Interviews berichtet hat, eine Studentin kennen, die später aufgrund kritischer Äußerungen verhaftet wurde und offenbar in der Haft starb. Der Roman walzt diese Begegnungen und das Verschwinden der Studentin zu einer brutalen Tat aus, die in kurzen Episoden »enthüllt« wird: Die Studentin wird vom chinesischen Polizeitapparat gefoltert, ihr werden bei vollem Bewusstsein die Nieren entnommen, sie wird dann ermordet. Es gibt mehrere ähnliche Episoden über mordende staatliche Agenten, zum Beispiel diese:
Eine Greisin steht vor dem Parlament, sie schreit und droht mit dem Zeigefinger. Freundlich stellen sie sich zu ihr, ihre Stimmen reden sanft auf sie ein, natürlich lösen wir das Problem, kommen Sie mit, wir plaudern in Ruhe, Sie müssen nur ein Formular ausfüllen. Die Frau wird um die Ecke in einen grünen Kastenwagen geschoben, und unterwegs wird der Querulantin die Kehle durchgeschnitten. Das erfährt keiner.
Erklärungsansätze zur Sicht der Autorin auf die Verhältnisse in China gibt es nicht. Sie schickt ihre in Tschechien gewonnenen Einsichten und Haltungen sozusagen in den Krieg mit China. Denemarková bzw. ihre Figuren fordern vier Faktoren ein: Individualität, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie. Ein Land, das diese Forderungen nicht erfüllt, ist für die Autorin nicht akzeptabel. Václav Havel, der sich ab 1968 kompromisslos für diese Faktoren einsetzte und als Mitinitiator der Charta 77 und nicht nur als Theaterautor weltweit bekannt wurde, steht für ein Muster des Widerstands, den sie in China vermisst. Statt Individualität zählen dort immer noch Familienwerte, statt um Menschenrechte geht es den meisten Menschen um »Business«, um Wohlstand. Bevor die chinesische Studentin durch ihre Gespräche mit der Schriftstellerin zu oppositionellen Äußerungen motiviert wird, wird sie so gezeichnet:
Für die junge Chinesin ist Mao ein Held, und die Geschäfte sind zum Bersten voll, zum Bersten voll. Die Augen sehen Waren. Von der jungen Chinesin und ihrer Generation kann man nichts erwarten.
Diese Diskrepanz zwischen den aus der Geschichte der Tschecholawakei gewonnenen Erwartungen und der von ihr wahrgenommenen Situation in China motiviert die Autorin zu einer 880-seitigen Predigt, mit Václav Havel als Lichtfigur, dessen Beispiel China erlösen könnte. Ihre Kritik entspricht dabei einer pauschalen und unterscheidungslosen Variante der Totalitarismus-Doktrin. Dabei ebnet sie die Verfolgung und Ermordung tschechischer Juden durch die Nazis, die Unterdrückung der antisowjetischen Opposition in der ČSSR und die umfassende Überwachung der Bevölkerung in China ein. Der chinesische »Totalitarismus« wird zudem vom postsowjetischen Tschechien und irgendwie auch vom ganzen Westen willfährig unterstützt. Statt dessen sollten alle Menschen guten Willens aufschreien oder zumindest nach dem Muster Havels unablässig Briefe schreiben …
Es ist nicht mein Anliegen, China oder irgendeine Institution auf der Welt, die Menschenrechte verletzt und keine Demokratie zulässt, zu verteidigen. Es gibt im Buch jedoch nicht den kleinsten Ansatz zur Erklärung des chinesischen Entwicklungsprozesses und auch keinen Versuch, die offenkundig in China dominierenden Traditionen zu verstehen. Sie stören die Autorin – die auch die chinesische Sprache nicht beherrscht – einfach, und allein das scheint für sie genug Legitimation für ihre Tiraden zu sein. Deshalb fängt sie mich mit solchen Sätzen, die sie einer ihrer Figuren in den Mund legt, nicht ein:
Ein alter Zyklus geht zu Ende. Die Welt strudelt. Eine Welt kastrierter Seelen. Es wird ein Krieg um die Menschlichkeit geführt. Nichts Geringeres steht auf dem Spiel. Das eigene Ich zu behalten gleicht heute einem Wunder. Überall nur Erfüller von Befehlen, Vorschriften, Anordnungen, Bekanntmachungen, Fragebögen, Formularen. Ihre Waffen haben sie gegen Druckspalten, Berichte und Denunziationen eingetauscht. Blicke nach China, bald lebt die ganze Welt so.
Ein einziges Mal gibt es eine gegenläufige Einsicht, der allerdings nicht weiter nachgegangen wird. Die Großmutter der ermordeten Studentin sagt, China zahle den Preis für die westliche Vorstellung vom Fortschritt. Diesen Gedanken würde ich gerne in den Kontext der chinesischen Geschichte stellen: Vo 1850 an hat das Land um seine territoriale Einheit gekämpft, gegen Kolonialmächte, Warlords, Invasoren und schließlich im Bürgerkrieg gegen opponierende politische Kräfte. Danach war es dazu verurteilt, Akteur in Systemauseinandersetzungen zu sein, unter anderem in Form einer Beteiligung am Koreakrieg und am Vietnamkrieg. Es musste verfehlte Entwicklungsstrategien wie den »Großen Sprung nach vorn« und die auf dessen Scheitern reagierende Kulturrevolution verkraften. Wen kann es da wundern, dass heute das Einheits- und Harmoniedenken von Konfuzius vorherrscht und vielen Chinesen eine Konfliktstrategie nach dem Muster Havels vielleicht nicht nur aus Angst vor der oppressiven Staatsmacht unattraktiv und unopportun erscheint?
Ich möchte keine Propagandaschriften in Romanform lesen, ob ich nun die Position ihrer Verfasser teile oder nicht. Aus Empörung und der Absicht, der anderen Seite »kompromisslos« die Meinung zu sagen, wird auch nie gute Literatur. In Denemarkovás Roman dienen viele Passagen nur dem Transport ihrer Polemik, die meisten Dialoge (es gibt offenbar Rezensenten, die sie als »sokratisch« bezeichnen) werden inszeniert, um die Überlegenheit einer Position, einer Haltung, einer Gefühlswelt hervorzuheben. Über die chinesische Studentin heißt es nach vielen Dialogen: »Zum ersten Mal begreift sie sich als Individuum«.
Die Übersetzerin Eva Profousová hat sich in einem Journal zur Übersetzung von Stunden aus Blei von Radka Denemarková geäußert:
Von Nation reden aktuell in Deutschland im Wesentlichen die Rechten. Im Westen ist der Begriff schon gleich nach 1945 aus dem Diskurs verschwunden. Die Orientierung am christlichen Abendland ermöglichte die Überdeckung der NS-Phase und die Konstruktion einer historischen Kontinuität ohne sie. Europa bot die Möglichkeit einer pluralisierten übernationalen Identität (die allerdings offenbar nur eine geringe Zugkraft besitzt). Ab 2015, so sagt Aleida Assmann, gibt es das Erlebnis der Spaltung, unter anderem aufgrund von tatsächlichen oder nur angenommenen Einflüssen der globalen Migration auf das eigene kleine Leben. Zudem entstehen immer mehr selbstzentrierte Gruppen, die auf ein übergreifendes Konstrukt wie Nation gern verzichten, dafür jedoch durchaus transnationale Erscheinungsformen aufweisen.
Assmann möchte den Begriff der Nation nicht den Nationalisten überlassen. Sie belässt es nicht bei Hinweisen beispielsweise auf die analytische Sicht von Benedict Anderson (Nation ist eine »imaginierte Gemeinschaft«), sondern bemüht sich um eine normative Konstruktion. Sie knüpft dabei an Vorstellungen von Verfassungspatriotismus und die schöne Idee an, Nation könne ein »Solidaritätsgenerator« sein. Komponenten des neuen idealen Normbegriffs sind:
Friedenssicherung
das Projekt der Freiheit
eine selbstkritische Erinnerungskultur
die Aktualisierung der Menschenrechte
Das schwierigste Unterfangen scheint dabei zu sein, das Erinnern statt des Vergessens zu einem positiven Faktor der Zuordnung zu einer Nation zu machen. Das ist eine Umkehrung des in vielen Ländern praktizierten offiziellen Nationalbewusstseins, von den USA über Japan bis zur Türkei.
Aktuell lässt sich Nation nur durch ein sozusagen tägliches Ringen um diese Faktoren bestimmen. Sie ist also ein Prozessbegriff und verzichtet auf Blutlinien, Ehre und Ruhm als konstitutive Elemente. Es gehören alle zu einer Nation, die eben gerade da sind und die sich auf die Verfassung und die genannten idealen Faktoren einlassen.
Ausführliche Auseinandersetzungen bietet Assmanns Text mit dem Identitätsbegriff, mit nationalen Mythen, mit der Gedächtnispolitik und den Defiziten von Modernisierungstheorien. Die Lektüre lohnt durchaus – falls man Assmanns entsprechende Äußerungen nicht schon kennt. Sie wiederholt hier viel bereits von ihr Gesagtes und Geschriebenes und scheut auch innerhalb dieses Buch nicht redundante Passagen.
Das Buch ist empfehlenswert für jene, die Aufsätze, Reden und Videos von Aleida Assmann aus den letzten zehn Jahren über die Nation, über Gedächtnispolitik oder über Antisemitismus nicht kennen.
Aleida Assmann: Die Wiedererfindung der Nation. Warum wir sie fürchten und warum wir sie brauchen. München: Beck, 2020