Kundiges Geplauder

Kurz gesagt: Es geht im Buch von Irene Vallejo um den Beginn des Schriftzeitalters. Sie erzählt vom titelgebenden Papyrus und seiner Herstellung, auch von den anderen Beschreibstoffen. Die Verbreitung der Schrift, ihre Speicherung in Form von Rollen und Codices, deren Verbreitung und ihre Agenten und schließlich die Speicher, zuvörderst natürlich die Bibliothek von Alexandria, sind Gegenstand ihrer kundigen Darstellung. Dabei gibt es nicht nur – bekanntes und unbekanntes – Anekdotisches, sondern auch viele Abschweifungen, vom Buch auf Bücherinhalte und deren Geschichte.

Das meiste wussten wir schon: Unmetrische Prosa verbreitete sich schriftlich, weil es nun nicht mehr nötig war, zum erinnerten Text den Rhythmus zu stampfen. Über die Erfindung des Vokalalphabets war bereits viel bei Kittler zu lesen. Die Entstehung der Philologie als Sortiermaschine für die vielen Homer-Varianten in den Dubletten der Bibliothek von Alexandria ist eine nette Vermutung. Kallimachos, der Bibliothekar und Registrar von Alexandria, wird bei Dennis Duncan (Index) gewürdigt.

Ich habe durchaus mit Vergnügen weitergelesen, über Platons Poetenpolizei, die Neusprech-Ausgaben von Klassikern bereits in Orwells 1984, die Gründe des Verbots von Büchern und von Angriffen auf Buchhandlungen. Autoren wurden in der Antike nicht bezahlt, aber Kopisten. Brillen wurden meist erst für Lesende nötig.

Dies und vieles mehr findet sich im Buch. Empfehlenswert für alle, die nicht schon den ganzen Weg von Ong über Eisenstein, Giesecke, Kittler usw. gegangen sind und gern in die Entstehung der Schriftwelt eingeführt werden wollen.


Irene Vallejo: Papyrus. Die Geschichte der Welt in Büchern. Zürich: Diogenes, 2022.