Aktuelle Vergeblichkeitsforschung

  • Nation – wozu?

    Von Nation reden aktuell in Deutschland im Wesentlichen die Rechten. Im Westen ist der Begriff schon gleich nach 1945 aus dem Diskurs verschwunden. Die Orientierung am christlichen Abendland ermöglichte die Überdeckung der NS-Phase und die Konstruktion einer historischen Kontinuität ohne sie. Europa bot die Möglichkeit einer pluralisierten übernationalen Identität (die allerdings offenbar nur eine geringe Zugkraft besitzt). Ab 2015, so sagt Aleida Assmann, gibt es das Erlebnis der Spaltung, unter anderem aufgrund von tatsächlichen oder nur angenommenen Einflüssen der globalen Migration auf das eigene kleine Leben. Zudem entstehen immer mehr selbstzentrierte Gruppen, die auf ein übergreifendes Konstrukt wie Nation gern verzichten, dafür jedoch durchaus transnationale Erscheinungsformen aufweisen.

    Assmann möchte den Begriff der Nation nicht den Nationalisten überlassen. Sie belässt es nicht bei Hinweisen beispielsweise auf die analytische Sicht von Benedict Anderson (Nation ist eine »imaginierte Gemeinschaft«), sondern bemüht sich um eine normative Konstruktion. Sie knüpft dabei an Vorstellungen von Verfassungspatriotismus und die schöne Idee an, Nation könne ein »Solidaritätsgenerator« sein. Komponenten des neuen idealen Normbegriffs sind:

    • Friedenssicherung
    • das Projekt der Freiheit
    • eine selbstkritische Erinnerungskultur
    • die Aktualisierung der Menschenrechte

    Das schwierigste Unterfangen scheint dabei zu sein, das Erinnern statt des Vergessens zu einem positiven Faktor der Zuordnung zu einer Nation zu machen. Das ist eine Umkehrung des in vielen Ländern praktizierten offiziellen Nationalbewusstseins, von den USA über Japan bis zur Türkei.

    Aktuell lässt sich Nation nur durch ein sozusagen tägliches Ringen um diese Faktoren bestimmen. Sie ist also ein Prozessbegriff und verzichtet auf Blutlinien, Ehre und Ruhm als konstitutive Elemente. Es gehören alle zu einer Nation, die eben gerade da sind und die sich auf die Verfassung und die genannten idealen Faktoren einlassen.

    Ausführliche Auseinandersetzungen bietet Assmanns Text mit dem Identitätsbegriff, mit nationalen Mythen, mit der Gedächtnispolitik und den Defiziten von Modernisierungstheorien. Die Lektüre lohnt durchaus – falls man Assmanns entsprechende Äußerungen nicht schon kennt. Sie wiederholt hier viel bereits von ihr Gesagtes und Geschriebenes und scheut auch innerhalb dieses Buch nicht redundante Passagen.

    Das Buch ist empfehlenswert für jene, die Aufsätze, Reden und Videos von Aleida Assmann aus den letzten zehn Jahren über die Nation, über Gedächtnispolitik oder über Antisemitismus nicht kennen.


    Aleida Assmann: Die Wiedererfindung der Nation. Warum wir sie fürchten und warum wir sie brauchen. München: Beck, 2020

  • Report Mainz 01.02.2022

    1 Dunkle Flecken auf der Impfkampagne

    Wir nehmen Sie mit auf eine Recherchereise: Diese Ankündigung lässt nicht unbedingt auf seriösen Journalismus hoffen. Erst nach Recherchen und weiteren Abklärungen lassen sich gewöhnlich hieb- und stichfeste Aussagen gewinnen – die dem Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Systems standhalten. An den beiden ausführlicher berücksichtigten Stationen Hamburg und Köln, bei denen mit abgelaufenem Impfstoff (und in Hamburg unter zweifelhaften hygienischen Bedingungen) geimpft wurde, werden Protagonisten vorgestellt, die überzeugend berichten. Ungesagt bleibt, wie die Redaktion überhaupt auf diese Fälle aufmerksam wurde. In Hamburg gab es eine Vielzahl von Beschwerden – an wen? Dass die kommerziell betriebenen Impfstellen nicht von Anfang an durch die Gesundheitsämter kontrolliert wurden, ist ein deutlicher Mangel – ist er verallgemeinerbar?

    Dass es in Deutschland (es werden auf einer Karte mehrere Orte angezeigt) insgesamt 8.000 Fälle von Impfung mit abgelaufenem Impfstoff gab, wird ohne Quellenangaben gesagt.

    Andere Fälle – Impfstoff-Eigenmixtur eines Lübecker Arztes, Hinzufügung von homöopathischen Substanzen usw. – werden nur kurz angerissen und gehören gegenständlich auch in ein anderes Register.

    Wertung

    Die Befürchtungen lösen sich nicht vollständig ein. Für die dargestellten Einzelfälle werden Bestätigungen eingeholt. Offen bleibt die Zuverlässigkeit der Zahlenangaben und die Quellenlage. Bei den gegen Ende genannten Betrugsfällen wechselt der Sprechertext auch auf »sollen«. Gerade hier müssten die Quellen genannt werden. Es bleibt also ein Zweifel an der durchgängigen Stimmigkeit der Aussagen.

    Die Reporterin Eva Schulz erfreut zwar durch Lebendigkeit ihrer Gesprächsführung, wirkt jedoch in manchen Momenten etwas zappelig.

    2 Hochwasserhilfen im Ahrtal

    Auch nach zweimaligem Anschauen: Die rechtliche Problematik wird nicht komplett aufgeklärt. Beim Interview mit Roßbach von Deutschland hilft wird nicht nachgefragt, als sie sagt, dass sie Beträge erst auszahlen kann, »wenn die staatlichen Hilfen geflossen sind«. Hier hätten die »Regeln« erklärt werden müssen, außerdem wäre dann zu klären, an welcher Stelle (beim »Staat«?) der Hebel zur Beschleunigung des Mittelflusses anzusetzen wäre.

    Die positive Meldung am Ende, dass sich das Finanzministerium um eine Möglichkeit der Auszahlung gesammelter Spenden an geschädigte Unternehmen kümmern will, klärt weiterhin nicht die Zahlungsblockade der Hilfen für Private – so verstehe ich die Darstellung jedenfalls.

    Wertung

    Der Beitrag ist sachlich unfertig und partiell unverständlich.

    Grüne Geldanlagen

    Der Beitrag greift das seit mehreren Jahren häufig von Medien dargestellte Thema dubioser »grüner« Anlagegeschäfte auf. Es soll – sagt der Beitrag – in den letzten zehn Jahren 2 Mrd. € Schäden durch »Ökopleiten« gegeben haben. Zwei geschädigte Anleger werden vorgestellt und verdeutlichen die Vorgänge.

    Auf die Aussage eines Finanzexperten, dass dieser Anlagemarkt nicht kontrolliert werde – und wenn das Geld mal weg ist, dann ist es weg, folgt im Sprechertext der Satz:

    »Und in diesem Markt will Klimaschutzminister jetzt den Turbo zünden.«

    Der Betrug an Kleinanlegern erscheint – auch durch den unmittelbaren Umschnitt auf einen weiteren Einzelfall – als direkte Folge der politischen Absichten Habecks, der kurz im Bild gezeigt wird (Pressekonferenz mit Erklär-Poster). Experten kritisierten (Sprechertext), er habe den Schutz der Kleinanleger nicht im Blick. In diese Kerbe haut auch »die Opposition«, kurzes Interview mit der Linke-Vorsitzenden Wissler.

    Wertung

    Der Beitrag nimmt eine unerwartete Wendung, indem er von den betrügerischen oder zumindest dubiosen Geschäftspraktiken von Finanzunternehmen auf den Wirtschafts- und Klimaminister als potentiellen Verursacher dieser Praktiken umlenkt. Die monierte fehlende Aufsicht fällt allerdings in die Zuständigkeit des Finanzministeriums, zudem rollt die Welle der »grünen« Anlageprodukte schon seit vielen Jahren; Habeck ist demnach weder ein Verursacher der Probleme noch der relevanteste Ansprechpartner zu ihrer Behebung. Statt für einen regierungskritischen Akzent würde sich die Thematik eher für die Darstellung konstruktiver Überlegungen zur Verbesserung von Transparenz und Kontrolle eignen.

  • Drachengalle

    Ein enttäuschendes Buch. Shanghai war 1935 eine vom Kolonialismus gezeichnete, »internationale« Stadt, in der westliche Großmächte Konzessionsgebiete besaßen und Japan schrittweise an Einfluss gewann. Zeitweilig galt Shanghai neben oder noch vor Paris als Boheme-Metropole, und 1938 bis 1940 strömten jüdische Emigranten aus Deutschland und Europa in die Stadt. Die Koexistenz und Verbindung von westlichen und chinesischen Lebensstilen – dazu, für manche, auch der leichte Zugang zu Opium – zog intellektuelle Nomaden an, zu denen auch die amerikanische Bergbau-Ingenieurin und Journalistin Emily Hahn (1905–1997) gehörte. Sie lebte von 1935 bis 1943 in China.

    Ein Blick auf die Karte (empfehlenswert die Navigation, mit der sich Veränderungen über die Zeit darstellen lässt) zeigt, dass China absolut zerrissen war. Abgesehen von einigen durch die Sowjetunion besetzten Landesteile gab es große Gebiete, in denen Clans und Warlords herrschten, dazu kam im Nordosten das von Japan eroberte »Mandschukuo«. Seit 1927 herrschte Bürgerkrieg zwischen Teilen der Kuomintang unter Chiang Kai-shek und den Kommunisten unter Mao Zedong, der nach dem Langen Marsch 1934–35 zunächst an Heftigkeit verlor. Für Chiang Kai-shek hatte jedoch auch in den Folgejahren, in denen Japan auf weitere Teile Chinas zuzugreifen begann, die Vernichtung der Kommunisten die absolute Priorität gegenüber der Verteidigung Chinas gegen die Invasoren.

    In dieser Situation kam Emily Hahn nach Shanghai. Luo Lingyuan, eine chinesische, auf Deutsch schreibende Autorin, erzählt in ihrem biographischen »Roman« vor allem die Liebesgeschichten und das private Leben ihrer Protagonistin nach. Diese hatte eine Dauer-Liebschaft mit dem jungen Lyriker und Verleger Zau Sinmay und wurde schließlich sogar dessen Zweitfrau. Zau hatte mit seiner chinesischen Frau insgesamt neun Kinder, während sich der permanent thematisierte Kinderwunsch von Emily Hahn in dieser Beziehung nicht erfüllte.

    Hahn schrieb viele Artikel für den New Yorker und in Shanghai erscheinende chinesisch- und englischsprachige Zeitungen. Über den Inhalt dieser Arbeiten erfahren die Leser des Romans nichts. Nur über das Zustandekommen des Reportagebuchs The Soong Sisters wird ausführlich berichtet. Die drei Schwestern, die in den USA studiert hatten, waren in China äußerst einflussreich. Die älteste, Ai-ling, war mit dem damals reichsten Mann Chinas verheiratet, H. H. Kung. Die mittlere Schwester Ching-ling heiratete den Gründer der ersten chinesischen Republik, Sun Yat-sen, der allerdings schon 1925 starb. Sie blieb nach dessen Tod politisch aktiv, trat für den Zusammenschluss der Kuomintang mit den Kommunisten ein und erhielt von 1949 bis zu ihrem Tod 1981 höchste Staatsämter in China, zweimal war sie auch Staatsoberhaupt. Die dritte Schwester, May-ling, wurde Ehefrau des Kuomintang-Führers Chiang Kai-shek. Sie übte angeblich einen moderierenden Einfluss auf den immer diktatorisch gesonnenen Militär und Politiker aus, der nach der Niederschlagung der Kuomintang in China von 1945 bis 1975 in Taiwan herrschte. Nach seinem Tod zog May-ling (»Madame Chiang Kai-shek«) nach New York, wo sie 2003 (mit 106 Jahren) starb.

    Ein in Hongkong 1997 produzierter Film über die Soong-Schwestern (mit Maggie Cheung als Ching-ling) behandelt einige Episoden Ende der dreißiger Jahre, die Emily Hahn auch miterlebte. Der Film ist interessant, wenn wegen der dürftigen Informationsqualität der Hahn-Biographie ohnehin eine historische Recherche und Vergewisserung stattgefunden hat.

    Einige Bücher (von 54 erschienenen!) Emily Hahns lohnen sicher die Lektüre, darunter das über die Soong-Schwestern, ein historischer Rundschlag (China Only Yesterday 1850–1950. A Century of Change) und China to Me, das viele Beiträge aus dem New Yorker enthält. Ein vielleicht lohnenderes Buch über Emily Hahn als das von Luo Lingyuan ist das von Taras Grescoe: Shanghai Grand: Forbidden Love and International Intrigue in a Doomed World, erschienen 2016.

    Ein Zitat aus Luos Buch. Als Emily Hahn mit ihrem Geliebten und einigen chinesischen Freunden eine Wanderung in einer gebirgigen Gegend unternahmen, wird »erlebte Rede« eingesetzt:

    Die Chinesen sind wirklich zäh, dachte sie. Die werden es noch weit bringen. (S. 59)

    Und den H-Punkt (dazu hier) markiert diese Liebeserklärung (S. 90): »Deine Nase ist so perfekt geformt und göttlich wie eine Drachengalle.«


    Luo Lingyuan: Sehnsucht nach Shanghai. Berlin: Ebersbach & Simon, 2021

  • ARD-Magazin Kontraste 27.01.2022

    1 Freie Sachsen

    Vor der Moderation:

    Demonstration gegen Corona-Regeln. Aus der Äußerung einer Demonstrantin, sie fühle sich wie im KZ eingesperrt, macht der Reporter: Sie machen die Polizisten hier zu KZ-Wärtern. Die Frau bestätigt das nach einem Moment des Zögerns, aber: So hatte sie sich nicht geäußert.

    Der folgende Bericht über die Partei Freie Sachsen steht unter der Prämisse der Anmoderation, dass die Politik zunehmend denen, die sich in einer Corona-Diktatur glauben und Rechtsextremen folgen, nichts entgegensetze. »Schlimmer noch, sie reicht auch denen noch die Hand, die schon längst die Fäuste ballen.«

    Ministerpräsident Kretschmer versucht vergeblich, mit Teilnehmern einer kleinen Demonstration zu sprechen. Auch das bekannte Video aus dem Jahr 2021 mit der Schneeschaufel vor seiner Haustür wird gezeigt. Der Kommentar stellt die asymmetrische Gesprächsoffenheit von Kretschmer und den Demonstranten fest. Die konfrontativen Demonstrationen werden im Telegram-Kanal der Freien Sachsen als Erfolge gefeiert.

    Demonstranten in Frankenberg warten auf den Ministerpräsidenten. Offenbar angeführt von Stefan Hartung, NPD-Kreisvorsitzender und Mitglied der Freien Sachsen. Reporter führt ein für die Demonstranten über Lautsprecher mitverfolgbares Interview, das diese Mitgliedschaften Hartungs feststellt. Hartungs Äußerung zu Gewalttätigkeiten: Solange es keine Polizeigewalt gegen Demonstranten gebe, werde es auch keine Gegengewalt geben, und er weist auf das Recht der Versammlungsfreiheit hin. Der Kommentar dann geht ein Stück über die Äußerungen Hartungs hinaus und unternimmt einen Gedankensprung:

    »Widerstand, notfalls Gewalt als legitimes Mittel, wenn einem die Politik der gewählten Vertreter nicht passt – warum also versucht der Ministerpräsident gerade mit diesen Leuten immer wieder ins Gespräch zu kommen?«

    Franziska Klemenz von der Sächsischen Zeitung hält des MP Gesprächsbereitschaft für Schwäche, die ausgenutzt wird.

    »Statt klare Kante zu zeigen, gehen inzwischen einige Lokalpolitiker immer weiter auf die Protestbewegung zu.«

    Stv. Landrat in Bautzen (CDU) weigert sich, die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsdienst umzusetzen. Das Kalkül der Rechten scheint aufzugehen.

    Ende des Beitrags: Gerangel zwischen Polizei und Demonstranten bei irgendeiner Demo.

    Wertung

    Der Beitrag ist kein journalistischer Bericht, sondern eine bebilderte und dramatisierte Meinungsäußerung. Er richtet sich gegen die poliitsche Gesprächsbereitschaft mit Corona-Demonstranten, die stärker unter den Einfluss rechter Gruppen zu geraten scheinen. Zu dieser Position wird keine Stellungnahme beispielsweise des mehrfach gezeigten Ministerpräsidenten eingeholt. Im Grunde werden dadurch die Standards verletzt, zu denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk verpflichtet ist und die von ihm selbst auch oft öffentlich beansprucht werden.

    2 Corona

    Freiheit von Corona noch nicht in Sicht.

    Impfpapst Böttcher, Berlin. Virologe Ulrichs.

    Botschaft: Immer noch bestimmt eine Minderheit (der Ungeimpften) das Leben der Mehrheit.

    Gegenbeispiel Spanien: hohe Impfquote, von daher Öffnungsperspektive.

    Wertung

    Bericht ist eine Momentaufnahme von vielen. Diskutiert wird nicht. Die Bilder hätten einen besseren Platz in einer Talkshow bzw. in einer Social-Media-Umgebung.

    3 Reservistenverband >> Wehrsportgruppe

    Gleich zu Anfang: TV-Team wartet auf Jens G., einen Bundeswehr-Reserveoffizier, dem nachgesagt wird, er plane die Gründung einer Wehrsportgruppe.

    Es handelt sich hier offenbar wieder um ein Beispiel für die Verwechslung von investigativem Journalismus mit unangekündigter Überfall-Befragung. Der Gestellte bleibt bemerkenswert gelassen. Er reagiert erst nach einer Weile patzig (Reden Sie mit meinem Anwalt).

    G.s Kontakte reichen angeblich bis ins Verteidigungsministerium. Dort verlor ein Beamter B. seinen Posten, ein Bekannter von G. Der Beamte wird in einem Video von 2004 auf einem Treffen von Ritterkreuzträgern entdeckt, die die Kriegführung Hitlers verteidigten. Beide, dieser B. und G. haben Verbindungen zu Burschenschaften, Jens G. auch zu völkischen Gruppen.

    Ein Wolfgang F. nahm an ähnlichen völkischen Treffen teil, spielte dort Waldhorn. Auch Christian G., Reservist, bei dem bei einer Polizeidurchsuchung Waffen gefunden wurden. G.s Lebensgefährtin soll in die gewaltbereite Neonaziszene hinein vernetzt sein.

    Der Reservistenverband zeigt sich weitgehend uninformiert. Mitgliedschaft von Jens G. ruht. Bundestagsabgeordnete Renner (Linke) fordert den Verband auf, genauer hinzusehen.

    Wertung

    Das Thema ist interessant und wichtig – aber die Informationsbasis des Berichts ist recht dürftig. Personen »sollen« angeblich diese und jene Verbindung haben, aber substanzielle Vorwürfe können offenbar nicht gemacht werden. Das hinterlässt einen schalen Geschmack. Vielleicht wäre es besser gewesen, die Recherche erst noch fortzusetzen und auf der Grundlage von mehr Belegen zu berichten.

    4 EAWD

    Eine Firma beansprucht, eine Lösung zur Behebung des weltweiten Wassermangels zu haben und ist zum Beispiel auch in der Gemeinde Grünheide im Gespräch, um dort die Wasserentnahmen des Tesla-Werks durch ihre Erfindung auszugleichen.

    Die Firma EAWD scheint ein Geschäft auf einer nicht-existierenden technischen Erfindung aufbauen zu wollen. Der Geschäftsführer hält bei einer Befragung nach der Glaubwürdigkeit seines Vorhabens schließlich solche Sprüche dagegen:

    »Your limitation is not my obligation.«

    Wertung

    Auch hier wurde nicht zu Ende recherchiert. Ob Betrug vorliegt, ob es Geschädigte gibt usw., wurde nicht ermittelt. Die Zuschauer müssen sich anhand der Andeutungen selbst einen Reim auf die Geschichte machen. Interessant und auch witzig ist der Beitrag durchaus. Die Befragung Elon Musks, der neben Laschet die Frage nach dem Entzug von Wasser durch das Tesla-Werk verlacht, und andererseits die arrogante Abwehrreaktion des EAWD-Geschäftsführers prägen sich ein.

  • Selbstentmachtung der Rundfunkaufsicht

    Die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD, in der die Vorsitzenden der Rundfunkräte zusammenkommen, hat eine Erklärung zum Entwurf des Medienstaatsvertrags abgegeben, die ein erstaunliches Bild der selbstgewollten Unterwürfigkeit abgibt. Die Rundfunkräte wollen nicht – wie es der Entwurf vorsieht – die Definition von Qualitätsanforderungen selbst übernehmen, sondern ziehen eine »kooperative Aufsicht« vor, bei der die Unternehmensleitungen die Qualitätsanforderungen für ihre Arbeitsweise und Produkte selbst formulieren, wie bisher.

    Hier zu lesen, S. 2:

    https://www.daserste.de/ard/die-ard/GvK-Stellungnahme-im-Konsultationsverfahren-zum-MAeStV-E-100.pdf

    Abgesehen davon, dass die Aufsicht nicht nur die Inhalte, sondern auch ihr Zustandekommen, also z. B. die redaktionellen Organisationsformen und Strukturen der Anstalt generell betreffen muss, ist diese Selbstentmächtigung das genaue Gegenteil dessen, was Beitragszahler von den Rundfunkräten erwarten können.

    Die Begründung, wenn die Gremien die Qualitätsanforderungen von Produktionen, die sie nachher dann auch wieder zu prüfen hätten, selbst in der Hand hätten, sei das eine ex-ante-Kontrolle, die dem Rundfunkrecht bislang fremd ist, verzerrt die Verhältnisse eindeutig. Vermutlich soll hier sogar mit der Vorstellung von Vorzensur gespielt werden – die den Gremien selbstverständlich nicht zusteht. Es geht aber gar nicht um die Einflussnahme auf das Programm, sondern auf die Bedingungen, unter denen es produziert wird und die Standards, die dabei einzuhalten sind. Die Rundfunkräte sollen – so sieht es die vielfach höchstrichterlich bestätigte Rundfunkverfassung vor – die Erfüllung des Gemeinwohlauftrags und somit auch die Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags sichern. Nirgends stand bisher geschrieben, dass das im Rahmen einer passiven und maximal wohlwollend-kritischen Hinnahme jeglicher Vorgaben der Unternehmensleitungen zu geschehen hätte. Es geht schlicht um die Formulierung klarer und vor allem auch prüfbarer Benchmarks für die Tätigkeit von gemeinschaftsfinanzierten Unternehmen und damit auch um die Ermöglichung einer breiten Debatte über deren Leistungen.

    Was für ein unsäglicher und devoter Begriff: »kooperative Aufsicht«. Es ist ein wenig so, als würden Parlamente freiwillig ihre gesetzgeberische Funktion aufgeben und eine Regelung vorschlagen, bei der sie nur noch bereits erfolgte Verordnungen der Regierungen nachträglich wohlwollend abnicken. Kennen wir irgendwoher.