Aktuelle Vergeblichkeitsforschung

  • Ablage B

    – wie Bücherschrank an der nächsten Straßenecke.

    Manche Bücher laden für eine gewisse Zeit zur Lektüre und Auseinandersetzung ein. Voraussetzung dafür ist nicht unbedingt die Sympathie für Autoren, Stoffe, Schreibweise, Argumentationsform. Vor einem Jahr kam bei Vielen das Gefühl auf, nun müsse endlich die immer wieder einmal aufgeschobene Beschäftigung mit der russischen und/oder ukrainischen Geschichte nachgeholt werden. Auch bei mir. Nicht einmal die verbale Militanz, mit der Karl Schlögel und Gerd Koenen in den ersten Wochen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine für fast grenzenlose Vergeltung eintraten, hat mich abgeschreckt, ihre Bücher zu lesen. Das habe ich hier in meinem Blog von März bis Mai 2022 auch mehrfach dokumentiert. Von Koenen, einem früheren zeitweiligen Mitbewohner in einer Frankfurter WG, mit dessen frisch erworbener proletarischer Attitüde 1970 die große Mickey Mouse auf der Speisekammertür nicht vereinbar war, las ich dann auch noch sein Buch über seine Sicht der Studentenrevolte, des kommunistischen Parteigründungsklamauks und der Gewaltspirale der RAF-Melancholiker. Es ist ein schwaches Buch, voller Selbstrechtfertigung und fehlender Selbstkritik. »Der rote Großvater erzählt« hieß ein in den 1970er Jahren vielgelesenes Buch mit autobiographischen Berichten von linken Arbeitern. Da gab es nicht Meinung, sondern Erlebnis. Im »roten Jahrzehnt« gibt es nur Meinung und weder Erlebnis noch durchdachte Geschichte. Ähnlich geht es auch in seinem Russland-Buch zu. Ein roter Faden wird erfunden, um an ihm ausgewählte Ereignisse aufzuhängen, die ein Geschichtsbild abgeben sollen. Ohne hier die Diskussion aufnehmen zu wollen, wie Geschichte denn sonst »erzählt« werden kann, möchte ich nur sagen: Die Erzählweise dieses Buch verlangt die Identifikation mit der Perspektive des Erzählers Koenen, und dafür stehe ich nicht zur Verfügung. Ich habe mich dem Zwang ausgesetzt, das Buch auszulesen, aber nun möchte ich es nicht mehr um mich haben. Ähnliches gilt auch für das Werk von Karl Schlögel, über dessen kulinarische und selbstverliebte Schreibweise ich mich hier im Blog schon geäußert habe. Bücher, die ihre Leser quasi zwingen, sich mit ihren Autoren und ihrer Sicht mehr zu befassen als mit ihren Gegenständen, sind bei einer gewissen Spielart der Literaturkritik beliebt (»Literarisches Leben«), aber mich interessiert nicht der Fabulierer, sondern die Fabel. Ich möchte beim Lesen einer »Geschichtserzählung« erleben, wie Ereignisse quasi von innen von den Strukturen Besitz ergreifen (wie Ricœur des einmal formuliert hat). Bloßes subjektives Fabulieren langweilt.

    Daher: Keine Wiedervorlage oder erneute Lektüre, sondern Ablage B.

  • Marx-Dämmerung

    Das Programm des Buchs ist von Vornherein klar: »Es soll seinen Beitrag zur Rekonstruktion der Kritischen Theorie leisten, die ihrerseits immer schon eine Rekonstruktion des Historischen Materialismus auf der Höhe ihrer jeweiligen Zeit gewesen ist« (9). Dass dann ein Drittel des Buchs ein Marx-Seminar ist, das mich an die frühen Siebziger erinnert, wundert mich trotzdem. Georg Lukács, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin gaben ihre frühen neukantianischen Perspektiven auf und setzten sich – auch – mit den Spannungen zwischen der Produktivkraftentwicklung und den herrschenden Produktionsverhältnissen auseinander. Eine Nachzeichnung dieses Wandels anhand der Schriften dieser und anderer Autoren findet leider nicht statt. Stattdessen steht der mehr oder weniger vollständige Zuwendung an die marxistische Geschichtsauffassung im Vordergrund. Voller analysiert im letzten Drittel des Buchs exemplarisch das Marxismus-Verständnis von Georg Lukács, des weitgehend vergessenen Alfred Seidel und von Alfred Sohn-Rethel. Sie waren Randfiguren der »Frankfurter Schule«, wurden von Adorno und anderen durchaus rezipiert und geschätzt, aber hatten keinen nachhaltigen Einfluss auf die Arbeiten des von Max Horkheimer geleiteten Instituts. Horkheimer, Adorno und andere, auch der frühe Habermas, haben fast selbstverständlich an historisch-materialistische Erklärungen angeknüpft. Daran erinnert das Buch. Eine Interpretationshilfe beispielsweise der Negativen Dialektik geht daraus nicht hervor. Und auch nicht, warum und wie heutige Soziologen und Kulturwissenschaftler die historischen Entwicklungsstränge der Kritischen Theorie für aktuelle Fragestellungen produktiv machen können. Der Hinweis darauf, dass der Historische Materialismus seit einiger Zeit wieder Zuspruch findet, genügt (mir) nicht.


    Christian Voller: In der Dämmerung. Studien zur Vor- und Frühgeschichte der Kritischen Theorie. Matthes & Seitz Berlin, 2022.

  • Workflow mit Markdown (1)

    Zu Teil 2

    In einem zweiteiligen Beitrag stelle ich hier meine persönlichen Installationen vor, die ich kontinuierlich für die Arbeit an kürzeren und längeren wissenschaftlichen Texten nutze. Der erste Teil ist Markdown gewidmet, der zweite beschreibt meinen Workflow. Letzterer hat sich im Laufe der letzten zwölf Jahre immer wieder verändert und wird sicher auch weiterhin flexibel und offen für Verbesserungen oder das Umschwenken auf andere und neue Kombinationen von Abläufen und Werkzeugen sein.

    Eine wichtige Entscheidung, an die ich mich seit 1983 halte, lautet: Nie mit Microsoft Word arbeiten. Meine Textverarbeitungsprogramme waren Word Perfect und Euroscript auf dem PC – Nisus Writer und Mellel auf MacOS, inzwischen nutze ich dort Textmaker und Pages. Hinzu kamen Pagemaker, Ventura Publisher, Framemaker, InDesign und Affinity Publisher als Desktop-Publishing-Programme zur professionellen Gestaltung von Büchern und anderen Veröffentlichungen – womit ich zwischen 1988 und 1997 auch beruflich beschäftigt war.

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  • Verlag vs. Leser

    Waffengleichheit durch absichtlich grobes Punktraster beim Matrixdrucker.
    Es ging 1992 schon deutlich besser.
  • Happy Endings

    ChatGPT nimmt jeden Ball auf, den man ihm/ihr zuwirft. Es gibt wohl einige Filter, die rassistische und gewalttätige Verbalisierungen unterdrücken (mit Ansagen). Aber sonst? Hier bitte, Hitler meets Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Auffällig ist allerdings der offenbar eingebaute Zwang zum Happy End. ChatGPT eignet sich daher vorzüglich zum Erzeugen von Scripten für Bergdoktor-Serien und ähnliches Fernseh-Zeug.

    Erster Versuch

    lass uns einen historischen fantasy-roman schreiben. andreas baader und ulrike meinhof wurden von adolf hitler adoptiert und überdauern das kriegsende in der reichskanzlei.

    Es war das Jahr 1945 und Deutschland stand kurz vor der Kapitulation im Zweiten Weltkrieg. Inmitten des Chaos und der Verzweiflung befanden sich Andreas Baader und Ulrike Meinhof in der Reichskanzlei, wo sie von niemand anderem als Adolf Hitler selbst adoptiert worden waren.

    Die beiden jungen Waisen hatten keine Ahnung von den politischen Umständen, die sie umgaben, aber sie waren von Hitlers Versprechen beeindruckt, dass er eine neue Weltordnung schaffen würde, die auf Gerechtigkeit und Freiheit basierte.

    Die nächsten Jahre verbrachten Andreas und Ulrike in der Kanzlei, wo sie von Hitlers engsten Beratern erzogen und trainiert wurden. Sie lernten, wie man kämpft, wie man Waffen benutzt und wie man Propaganda verbreitet. Aber trotz all dieser Ausbildung war es die Philosophie des Nationalsozialismus, die sie am meisten beeinflusste.

    Sie wurden zu überzeugten Anhängern des Regimes und waren entschlossen, Hitlers Traum von einer Welt voller Arier und freier von jüdischem Einfluss zu verwirklichen. Doch als der Krieg zu Ende ging und Deutschland besiegt wurde, mussten sie ihre Ideale und Überzeugungen in Frage stellen.

    Die Reichskanzlei war von den Alliierten eingenommen worden und Andreas und Ulrike wurden festgenommen und inhaftiert. Während ihrer Gefangenschaft begannen sie, die Wahrheit hinter der Nazi-Ideologie zu erkennen und wandten sich von ihrer Vergangenheit ab.

    Sie beschlossen, gegen die Ideologie zu kämpfen, die sie einst glaubten, indem sie ihre Fähigkeiten als Kämpfer und Propagandisten nutzten, um gegen die Überreste der Nazi-Organisationen zu kämpfen, die in Deutschland immer noch aktiv waren.

    Im Laufe der Jahre entwickelten sie sich zu Anführern einer Untergrundbewegung, die gegen jede Form von Diskriminierung kämpfte. Sie reisten durch das Land und versuchten, junge Menschen davon zu überzeugen, dass die Ideologie der Nazis falsch war und dass sie eine Zukunft schaffen könnten, die auf Gerechtigkeit und Freiheit basierte.

    Es war ein langer und schwieriger Kampf, aber Andreas und Ulrike hielten durch, trotz der vielen Herausforderungen, die sie überwinden mussten. Schließlich gelang es ihnen, die Herzen und Köpfe vieler junger Menschen zu gewinnen und eine neue Bewegung zu gründen, die sich gegen Diskriminierung und Unterdrückung in allen Formen wandte.

    Die Geschichte von Andreas Baader und Ulrike Meinhof ist eine Geschichte von Widerstand und Veränderung. Sie sind zu Symbolen des Mutes und der Entschlossenheit geworden, die Menschen dazu inspirieren, für eine bessere Welt zu kämpfen.

    Variante

    verzeihung, ich habe mich geirrt. baader wurde von hitler adoptiert, aber ulrike befreit ihn kurz vor der kapitulation.

    Es war das Jahr 1945 und Deutschland stand kurz vor der Kapitulation im Zweiten Weltkrieg. Inmitten des Chaos und der Verzweiflung befand sich Andreas Baader in der Reichskanzlei, wo er von niemand anderem als Adolf Hitler selbst adoptiert worden war.

    Andreas hatte keine Ahnung von den politischen Umständen, die ihn umgaben, aber er war von Hitlers Versprechen beeindruckt, dass er eine neue Weltordnung schaffen würde, die auf Gerechtigkeit und Freiheit basierte. Doch als die Alliierten immer näher rückten und die Niederlage Deutschlands absehbar wurde, begannen Andreas’ Zweifel an der Ideologie, in der er aufgewachsen war, zu wachsen.

    In dieser Zeit traf er Ulrike Meinhof, eine junge Frau, die wie er selbst gegen das Regime kämpfte. Ulrike hatte als Journalistin gearbeitet, bevor sie sich dem Widerstand anschloss und begann, Informationen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen, um den Krieg zu beenden. Eines Tages hörte Ulrike von Andreas’ Schicksal und beschloss, ihn zu befreien. Sie schmuggelte sich in die Reichskanzlei und befreite ihn aus seiner Zelle. Zusammen flohen sie aus der Stadt und versteckten sich in einem kleinen Dorf in der Nähe.

    Dort begannen Andreas und Ulrike, sich der Widerstandsbewegung anzuschließen und sich gegen die Nazi-Ideologie zu engagieren, die sie einst unterstützten. Sie kämpften gegen die Überreste der Nazi-Organisationen, die in Deutschland immer noch aktiv waren, und versuchten, junge Menschen davon zu überzeugen, dass die Ideologie der Nazis falsch war und dass sie eine Zukunft schaffen könnten, die auf Gerechtigkeit und Freiheit basierte.

    Es war ein langer und schwieriger Kampf, aber Andreas und Ulrike hielten durch, trotz der vielen Herausforderungen, die sie überwinden mussten. Schließlich gelang es ihnen, die Herzen und Köpfe vieler junger Menschen zu gewinnen und eine neue Bewegung zu gründen, die sich gegen Diskriminierung und Unterdrückung in allen Formen wandte.